7. Die gen-pools

Mit Blick auf die gen-pools von Hermann und Irmgard, standen sich offenbar ungeplant und unverhofft zwei einander vollkommen ausschließende Positionen gegenüber und hätten sich normalerweise, wenn überhaupt, dann wohl eher befremdet zur Kenntnis genommen, gleich den Leibniz‘schen Universen, den einsamen Monaden, die durch ein kleines Fensterchen ihresgleichen eventuell wahrnehmen, doch niemals kommunizieren, noch begreifen oder auch nur intuitiv erahnen können, was in den anderen Universen ‚da draußen‘ vorgeht und wieso diese überhaupt existieren.

SKH: Meine Eltern

SKH: Meine Eltern 1910 und 1960, Öl/Hf, 113 x 103

Es lassen sich jedoch Tatsachen anführen, die nahelegen, daß der große, gegenwärtig gefeierte und hinreißend funkensprühend diskutierte Leibniz, bzw. seine einzigartige, von der Autorin dieser Zeilen bestaunte Philosophie, seine immer junge und verwegene Philosophie, Stab und Stütze der Individualisten im Rahmen der Sokratischen Gehirnzucht, vor dem eingeborenen Eigensinn Hermanns und Irmgards alt aussah.. Wenn auch die beiden Genannten der Betrachtung ihrer etwa 7jährigen Enkeltochter zufolge und ganz im Gegenteil zur Meinung der Eisenacher Öffentlichkeit und ihrer zukünftigen Tochter Anna Susanna einerseits ihr Leben lang irgendwie eigentümlich unverbindlich, um nicht zu sagen: einander unbegreiflich, lachend und demütig nebeneinander schritten, was sogleich die Frage aufwirft, was sollten sie denn sonst machen, so blieben sie andererseits auf jeden Fall entgegen allen einzelgängerischen Monaden-Sitten nicht zusammenhangslos. Sie bekamen Anna Susanna und 2 weitere Kinder, nein 3. Als die Kinder aus dem Haus waren, ließ sich Irmgard von Hermann scheiden, ohne einen triftigen Grund vorweisen zu können, als den, sie wolle sich nun selbstständig machen und Bücher schreiben. Als aber Anna Susanna 1942 ihr erstes Kind erwartete und die ersten deutschen Großstädte, Lübeck und Rostock, bombardiert wurden, da war sie wieder da, zur Feier ihres Enkels und als wolle sie ihren Ex beschützen vor dem, was seinem Deutschland widerfuhr. Sie lächelte, warf regenverhangene Zauberaugen, pfiff „Wenn der weiße Flieder wieder blüht…“, goß die Blumen und heiratete Hermann erneut. Dem nie abreißende Strom von berühmten und unberühmten Besuchern und ihrem riesengroßen Freundeskreis erschienen Hermann und Irmgard stets als das Traumpaar aus einer anderen Welt, les dernier du paradis.